Ein Leitfaden zur Konzeption, Organisation und Durchführung eines ProjektesWorum geht es?Als Anfänger ist man ja meist übermotiviert und voller Tatendrang und will sofort sein eigenes Projekt ins Leben rufen. Das soll natürlich das größte, tollste, schönste und beste Spiel im Forum werden und darum fängt man einfach blind an zu makern, präsentiert das Game und muss feststellen, dass man keine ausgereifte Geschichte, noch sonst irgendwelche Grundlagen für ein gutes Spiel gelegt hat und sich nun die harte Kritik der Leser anhören muss.
Um oben genanntes Trauma zu umgehen habe ich mich mal wieder hingesetzt und an einem Leitfaden gearbeitet, der sich sowohl mit der Planung, Vorbereitung und Durchführung eines Projektes befassen soll. Ich gebe Tipps und Tricks um den Einstieg in die Projektarbeit so einfach wie möglich zu gestalten. Natürlich sind diese Hilfen kein Allheilmittel oder Patentrezept, schließlich tickt jeder Mensch anders, aber ich möchte aufzeigen wie man gut organisiert an eine Arbeit herangeht um auch später in den Genuss zu kommen ein fertiges Projekt präsentieren zu können.
Ich möchte vorweg aber noch eine ganz wichtige Sache sagen. Wer erwartet hier eine Anleitung zu finden wie man möglichst schnell ein erfolgreiches Spiel ohne großen Aufwand erstellt, sollte die Seite sofort schließen, sämtliche Ressourcen und Projektdateien löschen, den RPG Maker deinstallieren und nie wieder einen Gedanken daran verschwenden ein guter Makerer zu sein/werden. Das Erstellen eines Spiels ist eine aufwändige, zeitintensive und teilweise auch anstrengende Arbeit, aber sie macht auch sehr viel Spaß. Sie erfordert aber vor allem viel Eigeninitiative und Mühe, darum sollten sich nur Leute damit befassen, die das auch wirklich wollen.
Womit fange ich an?Die ersten Schritte
Bevor man einfach drauf los legt sollte man sich einen Plan machen. Das ist sehr wichtig, denn strukturiertes Arbeiten erleichtert einem eine Menge.
Hier kann man sich einen Block und einen Stift nehmen oder mit einem Textverarbeitungsprogramm arbeiten. Ich selber nutze Beides, da ich nicht immer am Rechner sitze, wenn ich eine gute Idee habe. Jedenfalls solltet ihr euch ein Konzept erstellen welches die wichtigsten Punkte eures Projektes abdeckt. Macht euch eine Zeitleiste, nutzt SmartArts, Tabellen und andere Grafiken um euch einen Überblick zu verschaffen, was wichtig ist. Hier bietet sich ein Programm an, etwa Word oder der Open Office Writer. Ein weiterer Vorteil ist die eingebaute Rechtschreibhilfe, wodurch man viele Fehler verhindern kann. Wie detailliert ihr euer Konzept macht bleibt euch überlassen. Ich selber arbeite meist mit sehr viel Text und bin sehr detailverliebt, was bei der späteren Gestaltung meist von Vorteil ist, da ich mir viele Hilfen zurechtgelegt habe und das Geschriebene nur noch umzusetzen brauche. Wichtig ist, dass ihr mit euren Aufzeichnungen arbeiten könnt, das Wichtigste immer im Blick habt und eurer Vorgehensweise treu bleibt.
Abbildung 1 - Einfaches Zeitschema für den Ablauf eines Handlungsstranges
Eckpunkte des KonzeptesVielen ist bereits bekannt was alles in ein Konzept gehört, aber gerne werden diese mit Informationen überladen oder haben falsche Schwerpunkte, sodass das Arbeiten mit dem Konzept eher erschwert ist. Darum hier einmal die wichtigsten Dinge kurz und knapp zusammengefasst:
Die Handlung - Der Kern eures Spiels und somit von großer Bedeutung. Fasst kurz und knapp zusammen was euer Held erlebt, hier eignet sich eine Zeitleiste wie in Abbildung 1 sehr gut. An dieser könnt ihr euch entlang hangeln und orientieren. Das verhindert etwa, dass man zu weit von der eigentlichen Handlung abschweift.
Die Charaktere - Die Protagonisten hauchen dem Spiel Leben ein. Wer hier schlampt, der hat schon verloren. Überlegt euch eine Hintergrundgeschichte, individuelle Eigenschaften und Charakterzüge für eure Figuren, damit sie lebendiger und realistischer wirken.
Die Spielwelt - Habt ihr eine eher traditionelle Fantasiewelt, einen durch Kriege gebeutelten Endzeitplaneten oder etwas völlig anderes? Wichtig ist, dass ihr konsequent bleibt und nicht plötzlich in einer mittelalterlichen Spielwelt einem Händler Hip-Hop-Sprache verpasst. Schreibt euch die Besonderheiten auf und gestaltet so später eure Orte und Personen.
Die Spieltechnik - Es ist häufig schwer die perfekte Synergie zwischen Vorstellung und Umsetzung zu finden, aber ihr braucht eine klare Vorstellung von dem was ihr könnt und was ihr euch wünscht. Wer sich nicht mit Programmieren auskennt, der kann schlecht ein eigenes Kampfsystem gestalten, es sei denn er tut dies mit Events, aber auch hier braucht man die theoretischen Kenntnisse. Darum achtet auf solche Dinge.
Wenn ihr diese Punkte habt, dann kann das Konzept reifen. Ihr habt nun zwei Möglichkeiten wie ihr weiter vorgeht, zum einen könnt ihr euch weitere Gedanken zum Konzept machen und es ausführlicher gestalten, ein Drehbuch schreiben oder euer Projekt vorbereiten.
Wie ausführlich soll mein Konzept sein?Es gibt unterschiedliche Ansichten über den Umfang eines Konzepts, ich persönlich bin der Meinung, dass es eher wie ein Steckbrief sein sollte. Man hat kurz und knapp alle Informationen beisammen an denen man sich orientieren kann. Alle weiteren Informationen über die Charaktere, wie etwa Skills oder Besonderheiten im Spiel würde ich mir in ein neues Dokument schreiben um die Übersicht zu wahren. Hier sollte man dann ausführlich auf den Hintergrund eingehen und auch auf Dinge wie die Spielwelt. Dazu gehören etwa Religion, soziale Verhältnisse und Geographie. Hier arbeitet aber jeder anders. Ich habe mit der Variante von Konzept und dem Dokument für die Details sehr gute Erfahrung.
Vorbereitung des ProjektesVermutlich kennt jeder das Problem, dass man am Anfang erst einmal wieder ein neues Projekt öffnen muss und dieses von Grund auf umändern muss. Die Database muss editiert, die Tilesets ersetzt und die Standardskripte eingefügt werden. Es lohnt sich ein Standardprojekt zu erstellen in dem man all diese Änderungen und Zusätze erledigt und bei Beginn eines neuen Projektes einfach kopiert und dann weiter nutzt. Hier erspart man sich eine Menge Mühe und kann seine Energie auf das Wesentliche konzentrieren.
Ansonsten sucht man sich die Dinge, die man speziell für das betreffende Projekt nutzen möchte, schließlich braucht man nicht immer alle Skripte oder man könnte ja auch Tileset-Edits nutzen, welche speziell für das Projekt sind. Außerdem bietet es sich an für alle Ressourcen des Projektes einen Ordner zu erstellen, damit nicht alles wild auf der Festplatte verstreut ist.
Wenn man alle wichtigen Dinge zusammen hat und das Projekt vorbereitet ist kann man loslegen und sich mit dem ersten praktischen Teil befassen, der Gestaltung eines Intros.
Exkurs - Ein Drehbuch verfassenWer besonders detailliert planen will, der kann ein Drehbuch oder Skript für sein Spiel erstellen. In einem solchen Drehbuch schreibt ihr wie für einen Film die einzelnen Szenen, Dialoge und Stimmungen und Handlungen auf. Das Ganze wird aber nicht wie ein Roman geschrieben, sondern so, dass ihr quasi das Geschriebene in euer Spiel übertragen könnt.
Beispiel:Ort: Ein kleines Arbeitszimmer mit brennenden Kamin
Stimmung: dunkel, es regnet
{Aufblende}[Kyoshiro tritt ein und seufzt]Kyoshiro (traurig): "Bei dem Wetter wird mich wohl niemand besuchen."
[Seine Stimmung bessert sich]Kyoshiro (zufrieden): "Aber dann kann ich endlich wieder an meiner Geschichte schreiben!"
[Er geht zum Sofa, wirft sich darauf und fängt an zu Träumen]{Ausblende}Ich gebe zu, so etwas ist viel Arbeit, aber wenn man mit einem solchen Drehbuch fertig ist, arbeitet es sich später mit dem Maker wie von alleine. Ich habe dies bereits ausprobiert und man kommt wirklich extrem schnell voran, gesetzt den Fall, dass man vorher bereits mit den Maps fertig ist.
Das IntroWozu mache ich ein Intro?Ein Intro ist die Einleitung in eurem Spiel, ähnlich einem Vorwort oder dem Prolog in einem Buch führt ihr den Spieler in die Welt und die Geschichte ein. Wer hier einen schlechten Start hinlegt hat meist das Problem, dass der Spieler die Lust verliert und das Fenster schließt. Von daher sollte man sich Gedanken vom Intro machen und gucken, wie ich mein Intro gestalte und welchen Effekt ich hervorrufen will.
Was gibt es für Intros?Grob gesehen gibt es zwei typische Arten von Intros, nämlich zum einen der ausführliche und ruhige Einstieg und dann die "Kaltwasser-Methode" bei der man wie in einer Kurzgeschichte in das Geschehen geworfen wird. Hier kann man wieder in verschiedene Unterformen und Arten unterscheiden.
Das ausführliche bzw. langsame Intro eignet sich vor allem für sehr lange Spiele mit viel Tiefgang, bei denen man den Spieler tief in die Materie tauchen lassen muss, damit er die Zusammenhänge versteht. Hier gibt es zum Beispiel das Textintro, bei der man dem Spieler eine Reihe von Texteinblendungen vorlegt durch die er sich arbeiten muss. Der Vorteil hier ist, dass der Spieler schnell viel weiß, allerdings geht das meist auf Kosten der Motivation, denn viele haben keine Lust sich durch endlose Textpassagen zu lesen.
Eine weitere und oft genutzte Möglichkeit ist das Erwachen des Helden, sei es zuhause im Bett oder ohne Erinnerung irgendwo an einem für ihn unbekannten Ort. Ersteres wird meist bei jungen Helden genommen und bietet eine ausgewogene Mischung von Text und Handlung, allerdings gilt es durch die sehr häufige Nutzung als abgedroschen und billig.
Als Drittes wäre noch die Erzählervariante zu nennen. Hier haben wir eine Person, die eine Einleitung in die Geschichte gibt, wie etwa in Vampires Dawn wo der Großvater dem Enkel die Geschichte von Valnar erzählt. Je nach Gestaltung dieses Erzählers und der weiteren Nutzung im Spiel kann man Unklarheiten einfach und logisch beseitigen und so für ein angenehmes Spielerlebnis sorgen.
Im Gegensatz dazu stehen die Intros ohne großartige Einleitung wie in einer Kurzgeschichte ist man sofort mitten im Geschehen und bekommt erst nach und nach ein Bild von den Umständen. Der dynamische Einstieg sorgt dafür, dass eine Menge Fragen entstehen die den Spieler motivieren sollen weiter zu machen, um in den Genuss des heiß ersehnten Wissens zu kommen. Ein solches Intro bietet sich bei eher kürzeren Geschichten an, wer hier gut arbeitet und dem Spieler immer wieder einen Brocken Informationen liefert, aber nicht alles verrät und im gesunden Maßen neue Fragen aufwirft, der erreicht, dass der Spieler nicht mehr ablassen kann.
Worauf muss ich achten?Ein Intro dient der Einleitung und darum ist es wichtig das Ganze nicht zu langwierig zu gestalten. Niemand will endlose Textblöcke lesen oder dem automatisierten Spieler zusehen, wie er eine halbe Stunde der Vorgeschichte des Spiels nachgeht. Ein Spieler will möglichst schnell selbst in das Spielgeschehen eingreifen und aktiv teilhaben. Dementsprechend sollte man sich eher kurz halten, dem Spieler das nötige Handzeug geben und ihn dann in die Spielwelt lassen. Wenn der Spieler nicht sofort alles weiß, ist er nicht böse. Schließlich möchte er alles erleben und entdecken. Erst so kann man ihm nach und nach die großen Zusammenhänge erklären.
Beispiele für IntrosIm Rahmen meines Tutorials habe ich mich entschlossen ein kleines Beispielprojekt zu erstellen. Hieraus möchte ich Videomaterial nutzen um euch ein paar eindrucksvollere Impressionen zu geben als der bloße Text. Als Einstieg habe ich vier unterschiedliche Intros gestaltet, jeweils eines für die von mir beschriebenen Arten.
Wie ihr sehen könnt sind alle vier Intros relativ kurz, das liegt daran, dass ich die Geschichte des Spiels relativ kurz halten möchte und zum einen nur Einblicke vermitteln möchte.
Zusammenfassung - Das Intro- Ein Intro soll den Spieler einen Einstieg in die Spielwelt und Geschichte eures Spiels geben.
- Es sollte Interesse wecken und dem Spieler Vorfreude auf das Spiel bereiten.
- Die vier Grundtypen für Intros sind:
Das Textintro, welches einfach größere Zusammenhänge und Inhalte vermittelt
Das Erwachen des Helden bietet einen ausgewogenen Einstieg
Die Erzählervariante ermöglicht Zusatzinformationen außerhalb der Spielwelt zu geben
Der erklärungsfreie Einstieg ermöglicht einen dynamischen Einstieg und kann die Spannung erhöhen - Man sollte sich auf das Wichtigste beschränken und den Spieler möglichst früh einbeziehen, damit er einen guten Bezug zur Spielwelt hat.
Damit ist Teil I beendet, sobald ich fertig bin folgt Teil II. Ich hoffe es hilft einigen bei ihren Projekten und ich freue mich immer über Feedback, Wünsche, Anregungen und Kritik.
Kyoshiro-kami