Wie gestalte ich ein Spielkonzept
Mr. Capslock kam mit dieser Anfrage zu mir und ich finde, dass das eine gute Idee für ein Tutorial ist, darum habe ich mich mal drangesetzt und diesen Leitfaden für die Erstellung eines Spielkonzepts geschrieben.
Wie immer ist das hier nur von unzähligen Möglichkeiten wie man sich ein Spiel gestaltet. Ich bin tief in mich gegangen und mir überlegt was für Prozesse in meinem Kopf vorgehen, wenn ich eine Geschichte erstelle und daraus entstand dieses Werk.
Die Grundidee des Spiels
Am Anfang steht immer eine Idee und die kann von überall her kommen. Sei es inspiriert von einem Buch, einem Film oder einfach aus einem Gespräch mit Freunden. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten was einem zuerst in den Sinn kommt. Im Großen und Ganzen gibt es vier mögliche Ideen:
Ein Held – Ihr habt das Bild eines Helden oder einer Heldin, die ihr unbedingt in eine Geschichte verpacken wollt. Bei mir war das bei Tales of Erethia der Fall, ich hatte nur das Bild eines Attentäters der lebt um zu töten und daraus hat sich später ein vielschichtiger Roman entwickelt.
Eine Spielwelt – Euch kam die Idee einer besonderen Welt. Das kann zum Beispiel eine Steampunk-Metropole sein oder eine ganz gewöhnliche mittelalterliche Welt sein, aber dennoch kann sie ja etwas besonderes sein, das euch veranlasst ein Spiel oder eine Geschichte dazu zu entwickeln.
Die Aufgabe – Die Prinzessin wurde entführt und ihr müsst sie retten, viele Spiele haben diese Grundidee und eigentlich ist der Gedanke gut. Eine Geschichte kann auch so anfangen, aber man muss sich dazu eine Menge einfallen lassen um nicht einen weiteren „Alex muss die Welt retten“-Klon zu machen.
Eine Geschichte – Manchmal hat man gleich das Bild einer kompletten Geschichte im Kopf. Es ist zwar eher seltener, aber umso besser, wenn man gleich eine Vorstellung des Spiels hat.
Ich persönlich habe meist eine Kombination von diesen vier Punkten im Kopf, wenn ich eine Geschichte entwickle, sei es ein Held und seine Aufgabe oder die Spielwelt und der Held. Wichtig ist, dass ihr euch diese kurzen Gedanken aufschreibt, damit ihr nichts vergesst. Unzählige Ideen konnte ich nicht umsetzen, weil ich über Nacht Teile vergessen habe. Das mag vielleicht lustig klingen, aber es ist böse, wenn man sich an eine richtig gute Idee nicht mehr erinnern kann.
Was gehört alles in ein Konzept
Nun, wenn ihr eure Grundidee habt, dann müsst ihr euch auch um den Rest kümmern. Dieser „Rest“ ist an sich aber der größte Teil und nicht immer gleich zu lösen. Also macht euch doch einmal Gedanken, was euer Spiel alles benötigt. Ihr habt die Grundidee und die muss nun reifen.
Listen wir doch einfach mal auf, was alles dazu gehört.
Die Geschichte – Für mich bedeutet dieser Bereich zum einen die Rahmenhandlung des Spiels und der Verlauf der Geschichte, also das was der Held1 auf seiner Reise bzw. während seines Abenteuers alles erlebt.
Der Held – Der Held braucht ein Profil, also einen wirklichen Charakter, damit man sich mit ihm identifizieren kann und mit ihm fühlen kann. Das kann man natürlich nicht mit einem 08/15-Alexverschnitt2 und darum muss man sich überlegen, was alles dazu gehört. Er benötigt eine Hintergrundgeschichte, ein soziales Umfeld und klare Gründe warum er denn gerade so handelt, wie er es in eurem Spiel tut. Viele meinen, dass das völlig überflüssig ist, aber erst ein Held mit einer Motivation des Helden, haben auch eure Spieler einen Anreiz weiterzuspielen.
Die Charaktere – Die Charaktere sind für mich die Begleiter des Helden, also seine Party und auch diese brauchen ein Profil wie der Held. Meistens sind die Gruppenmitglieder einfach nur eingefügt, damit der Held ein paar mehr Kämpfer in seiner Gruppe hat und diese Mitglieder sind lieblos hinein geklatscht. Doch wenn man sich auch um diese Charaktere kümmert und ihnen anständige Ziele und Motivationen gibt, wird das Spielerlebnis ein wirkliches Erlebnis.
Die Antagonisten – Kein Spiel ohne anständige Gegner. Es gibt zwar genug Abenteuer, die auch ohne einen wirklichen Gegner auskommen, aber eigentlich ist es dann langweilig. Und so muss man sich darum bemühen einen glaubwürdigen Kontrahenten ins Rennen zu bringen. Warum nervt mich denn der fiese Zauberer die ganze Zeit? Kann mir das einer verraten? Nun, die Grafik hat dir gefallen? Toll, aber so bringt man keinen mehr dazu gefesselt vor dem Bildschirm zu verharren, um 3 Uhr morgens gespannt auf den Bildschirm zu gucken obwohl die Freundin nebenan nur in Unterwäsche auf einen wartet.3
Die Spielwelt – Wo soll denn unser Abenteuer stattfinden? Wie ist die Situation? Es herrscht Bürgerkrieg? Dann werden uns die Bewohner wohl nicht allzu freundlich begrüßen, oder? Ich meine, die zerfleischen sich auf den Straßen und wir können seelenruhig in die Häuser spazieren? Also ich würde jedem den Kopf einschlagen, der es wagt mein Haus zu betreten. Also denkt mal darüber nach, wie die Umgebung ist. Es ist schon reichlich komisch, dass in jedem Spiel der Held freundlich begrüßt wird, obwohl er wildfremd ist und am besten noch ein gigantisches Schwert auf dem Rücken trägt.
Die Aufgabe(n) – Hier liegt der Sinn des Spiels versteckt, der heilige Gral sozusagen. Was muss ich machen? Den bösen König stürzen? Muss ich den fiesen Dämon davon abhalten die Welt zu zerstören? Eigentlich kann man das zur Geschichte zählen? Nun ja, ich würde die Aufgabe zu aller erst allein betrachten, die Geschichte ist ja letztendlich die Erzählung, wie man die Aufgabe bewältigt.
Wichtig ist, dass man sich zu all diesen Punkten so viele Ideen wir möglich aufschreibt und dann überlegt, was denn zu dem Projekt passt.
Passen die Charaktere in die Spielwelt und zu der Aufgabe des Helden? Passt die Geschichte zu der Spielwelt oder sollte ich vielleicht doch die Rahmenhandlung ändern? Sind die Antagonisten vielleicht fehl am Platz bei dieser Aufgabe? All das solltet ihr euch fragen und dann erst dazu übergehen tiefer zu gehen. Wenn das komplette Konzept fertig ist und auch hieb und stichfest ist, also es keinerlei Widersprüche oder Probleme gibt, dann kann man anfangen die Geschichte auszuarbeiten.
Die Spielmechanik
Nachdem alles für die Geschichte, die Charaktere, den Helden, seine Aufgabe und die Spielwelt fertig ist, dann solltet ihr euch überlegen, was ihr denn technisch für euer Spiel machen wollt.
Ein neues Fertigkeitensystem ist schön und gut, aber was nützt mir das in einem Adventure?
Brauche ich wirklich tausende Skripte oder ist es nicht doch besser bodenständig zu bleiben?
Ein SKS ist wirklich schön, aber wenn man keine passenden Grafiken hat und selber künstlerisch unfähig ist, dann sollte man vielleicht doch beim Standard bleiben und den dann so gut es geht ausnutzen.
Schlussworte
Ich hoffe, dass ich einigen Leuten helfen konnte sich ein richtiges Konzept für ihr Spiel zu überlegen.
Wichtig ist es sich so viele Gedanken wie möglich zu machen und eventuell auch Freunde oder Bekannte fragt, wie sie denn eure Ideen finden. Es ist manchmal sehr schwer gute Ideen zu haben, also ärgert euch nicht, wenn es mal nicht sofort klappt. Entspannt euch und wenn ihr gar nicht damit rechnet, dann habt ihr eine geniale Idee und es läuft wieder rund.
Ich stehe wie immer gerne zur Verfügungen wenn es Probleme mit der Geschichte oder den Charakteren gibt.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei Mr. Capslock bedanken für die Idee dieses Tutorial zu schreiben.
Kyoshiro
Anmerkungen des Autors:
1: Auch wenn ich immer nur „Der Held“ schreibe, beziehe ich das ebenfalls auf „Die Heldin“, aber aus Schreibfaulheit lasse ich diesen Zusatz weg.
2: Alex ist der Standardheld des RPG Maker 2000 und wird von etwa 90% aller Makerer gehasst. Im RPG Maker XP wurde sein Name dann in Arshes/Alex geändert und auch dieser ist eher un- als beliebt. Im VX dürfen wir uns dann mit Ralph vergnügen^^.
3: Natürlich ist dies reine überspitzte Darstellung.