TUTORIAL "Projektmanagement - die Kunst fertig zu werden"
von Rosa Canina für rpgvx.net, MakerVision und Dreamland.
2009 (c)Rosa Canina
I n h a l t :> Vorwort
> Kapitel 1 : Warum soll ich vorher groß planen?
> Kapitel 2 : Wie und wo fange ich an?
> Kapitel 3 : Details
> Kapitel 4 : Der Beginn des Spiels
> Kapitel 5 : Chaos beseitigen
> Kapitel 6 : Wie wichtig ist das Design?
> Nachwort
> VorwortSo, dies ist mein erstes Tutorial... und ich widme es einem Thema, dass von Anfang an über Cancelung oder Release
eines Projektes entscheidet - aber in den allermeisten Fällen total vergessen wird - dem Projektmanagement.
Hier lernt ihr, wie ihr ein Spiel entwickelt, den Überblick behaltet, Ordnung schafft und sogar etwas über das Design.
Er ist für Newbies geeignet, doch auch viele User, die schon länger dabei sind finden heir sicher einige interessante
Dinge.
> Kapitel 1 : Warum soll ich vorher groß planen?Die Planung entscheidet über Release oder Cancelung des Spiels... und zwar drastisch. Wer sich in Foren umschaut
sieht viele, potentiell, tolle Spiele, die jedoch nie erscheinen, weil der Autor "die Lust verlor" oder "keinen Durchblick
mehr hatte". Das wäre mit Planung nicht passiert - sie separiert auch meist schon die "Schnapsidee" von der
richtigen Spieleidee - die man dann auch durchzieht.
Ich gebe euch mal ein Beispiel an mir - 3 Spiele habe ich geplant, alle anderen Spiele habe ich, wie ein Neuling, einfach
so drauflos gemakert. Wer hat meine Releases mitgezählt? Genau, es waren 3 Vollversionen. Zufall? Wohl eher nicht.
Die OttoNormalMakerer kann man in drei Gruppen unterteilen:
Gruppe 1:
"Ich hab den Maker seit 2 Tagen!"
Ein normaler User, der über eine Website stolperte, sich den Maker herunter lud und nun der Meinung war damit
ein "Final Fantasy", "Pokemon" oder anderes Fanspiel zu einer gerade gern gespielten Serie zu makern. Natürlich innerhalb
von 2 Stunden - und es ist besser als das Original, denn immerhin hatte noch NIEMAND die Idee mit einem RPGMaker
ein Fanspiel von Zelda und Co zu makern!
Sicher, der Maker ist dazu da möglichst einfach ein Spiel zu basteln - aber wer ihn nicht ernst nimmt hat am Ende den
wohl 4.000ten Klon von "Alex rettet die Welt vor dem bösen Dämonen". Das ist natürlich auch supertoll... in ihren
Augen. Der Rest der Szene kriegt die Krise, weil ein Schrottspiel nach dem anderen in völlig falschen Unterforen landet.
Gruppe 2:
"Ich weiß wie es geht, aber ich kann es nicht."
Leute, die am Anfang planen. Und es damit auch gut meinen. Aber dann schustern sie ihr Spiel mit nicht zusammenpassenden
Grafiken und Sounds zusammen, geben sich beim Mappen wenig Mühe oder setzen die schön ausgearbeitete Story nur im
Ansatz so um, wie sie so toll auf dem Papier stand.
Diese Leute könnten sehr gute Spiele entwickeln, wenn sie sich mehr Zeit nehmen würden und nicht wahllos alles zusammen-
ballern würden, ohne Rücksicht auf ihre eigentlich doch gar nicht schlechte Vorlage.
Heraus kommen tolle Konzepte... und schlechte Umsetzungen.
Gruppe 3:
"Ich nehme den Maker ernst und das sieht man auch."
Leute, die planen, bevor sie den Maker überhaupt starten. Die bereits einige Wochen an einem Spiel arbeiten können, bevor
sie die erste Map gestalten. Leute, die überlegen, was sie umsetzen können, während sie planen. Das sind die Leute, die
alle paar Jahre ein tolles Spiel veröffentlichen, dass die ganze Makergemeinde liebt, Gold und Silber-Awards abräumt und
vielleicht sogar ein Klassiker der Szene wird.
Sie wissen vorher was sie tun und wie sie es tun, so dass ihre Spiele wie aus einem Guss sind, alles zusammenpasst und
auch die Story keine Lücken aufweist, weil man was zurechtbiegen musste um eine andere "tolle" Idee noch einzubauen.
Die Spiele dieser Leute müssen nicht unbedingt Velsarbor oder Aedemphia heißen - sie können auch kurz aber spaßig sein.
Vielleicht sogar technisch sehr einfach, dafür mit einer tollen Geschichte. Sie könnten sogar RTP haben, wenn es ihrer
Geschichte gerecht wird.
Ihr seht hoffentlich, dass ihr mit Planung weiter kommt als ohne. Eine Garantie gibt es natürlich nicht - aber es kann euch
sehr helfen.
> Kapitel 2 : Wie und wo fange ich an?Ihr lest ja immer noch? Ein Pluspunkt für euch.
Ihr wollt also ein Spiel beginnen und habt eine Idee, wie es aussehen soll... was jetzt?
1. Recherchiert und sucht ähnliche Spiele und spielt diese. Klaut nicht, sondern holt euch Anregungen. Könnt ihr das, was
ihr wollt auch so umsetzen? Passt meine Grafik in das Genre?
2. Macht euch Notizen zu eurem Spiel und arbeitet sie aus. Am besten mit Zettel und Bleistift. Unterwegs könnt ihr neue
Ideen als SMS abspeichern. Unterwegs hat man eh immer die besten Ideen, die immer weg sind, wenn man zuhause ist.
Bei jeder Idee überlegt ihr genau, wie ihr das eventen könnt und NUR WENN IHR ES KÖNNT nehmt ihr es auf. Hierbei gilt
auch: Nicht alles braucht ein Spiel. Wozu ein Questlog, wenn es im Spiel dann nur sehr wenige Nebenquests geben wird?
Überlegt euch also ganz genau, was und wie ihr es machen wollt und schreibt es wirklich auf.
3. Schlaft drüber und schaut, ob es euch dann immer noch gefällt. Vor allem Fangames neigen dazu langweilig zu werden,
wenn der Zauber des Originals ein paar Wochen her ist.
So, jetzt habt ihr also ein Spielkonzept und eure erste kleine Story aufgeschrieben (Story-Tuts gibts genug). Jetzt habt
ihr 2 Möglichkeiten:
- Baut das Spiel
- Plant weiter
Ersteres ergibt jetzt ein Spiel, dass durchaus den Usern Spaß machen kann und dass ihr sehr wahrscheinlich auch beenden
werdet. Letzteres würde aber vielleicht eines der Hits werden, die ihr selber auch so gerne spielt...
Wenn ihr euch für die weitere Planung entscheidet, dann schreibt wirklich ALLES auf. Wichtige Personen, ihre Charaktere
(Vorlieben/Schwächen) und Motivationen (!) das zu tun, was sie tun sollen. Die Geschichte ist besser, wenn die Charaktere
so handeln wie es wirklich tun würden - nicht, wie die Story ihnen vorgibt.
Lest euch ruhig das eine oder andere Storytutorial durch. Nehmt euch Zeit dafür, überschlaft eure Ideen, arbeitet sie aus
und schlaft erneut drüber. Begeistert sie euch noch immer? Gut
> Kapitel 3 : DetailsEin paar kleine Details, zu Dingen, die man wirklich planen sollte - aber selbst bei Planern oft vergessen werden...
- Warum machen meine Charaktere das?
Warum zieht Held Ralph jetzt los, warum schließt sich einfach so eine Magierin ihm an? Wenn sie keine guten Gründe
haben (die im übrigen guten Stoff für Storywendungen ergeben können) wird der Spieler irgendwann gelangweilt
ausmachen.
- Grafisch solltet ihr einiges beachten... Benutzt kein RTP, denn es sieht SCHE**** aus... ne, Scherz beiseite...
Ihr könnt RTP nehmen, wenn es zu eurem Spiel passt. Was? Ihr wollt ein Spiel in der Gegenwart machen? DANN
dürft ihr es wirklich nicht verwenden, denn dann wäre es wie ein Zelda in Cartoonlook... moment mal, schlechtes Beispiel...
wie Terminator 2 mit den Teletubbies. Horrorspiele sind auch ein Genre, wo ihr einfach kein buntes RTP nehmen könnt,
wenn ihr nicht unfreiwillig komisch wirken wollt. Wenn ihr nicht pixeln oder rippen könnt, dann bleibt euch zumindestens
noch das XP-RTP in dem Bereich... aber das solltet ihr vorher bei der Planung schon mitbekommen haben.
- Eigene Arbeit wird gewürdigt
Wenn ihr also eure Features aufstellt, dann achtet darauf, dass wenigstens der größere Teil von euch gemakert wird -
und nicht alles aus irgendwelchen Scripten von anderen Leuten besteht. Hey, es ist euer Spiel und nicht das Spiel
von Erzengel, hellminor und Co! Oder etwa nicht? Zudem wird solche Eigenarbeit nicht nur gewürdigt... ihr könnt eure
Sachen auch genau so bauen, wie ihr sie haben wollt - und auch wieder ändern.
- Wenn ihr CharSets und ChipSets anderer Leute benutzt (oder allgemein Grafiken): Notiert euch die Ersteller für die
Credits, bei Spielen schadet es nicht nachzufragen, ob man die Grafiken nehmen darf. Vor allem eigene, gepixelte
Posen sieht man ungern in anderen Spielen wieder.
- Lasst eure Story, eure Maps und eventuell sogar eure Technik von Leuten bewerten. Freunde, andere Forenuser...
sie alle können euch gute Tipps geben, die ihr auch beherzigen solltet!
- Sound und Musik wird oft unterschätzt. Während RTP-SFX noch erträglich ist, will wohl niemand mehr die gleichen
FF- oder RTP-Dudeleien hören... sucht euch Midis von Spielen, die nicht jeder kennt. Wenn ihr MP3s sucht, dann
schaut darauf, dass sie auch legal eingesetzt werden dürfen. Sorry, kein Britney Spears in deinem Game. Das geht
nicht - und ist auch illegal vom rechtlichen Standpunkt her. Rechtlich freie Musik findet man z.B. hier:
http://www.multimediaxis.de/showthread.php?t=108574> Kapitel 4 : Der Beginn des SpielsSTOP, der Mapeditor wird NICHT angefasst - noch nicht.
Bevor ihr jetzt mit dem eifrigen Mappen beginnt wartet die Datenbank auf euch. Sucht euch für eure Orte die ChipSets
zusammen, stellt sie ein (bezieht sich auf 2k/3, XP und VX mit TileSet Reloaded verwendet). Stellt auch die CharSets
ein, die Skills der Charaktere (wenn ihr ein RGSS bzw Standard-KS nehmt), übersetzt das Vocabular und und und.
Auch die Items könnt ihr jetzt - größtenteils schon machen. NATÜRLICH sind das Punkte, die im Laufe des Spiels
zwecks Balancing ausgearbeitet werden. Aber dennoch solltet ihr wenigstens den groben Teil schon einmal haben.
> Kapitel 5 : Chaos beseitigenIhr seid mitten im Spiel... auch hier kann Ordnung helfen.
Erstmal nutzt ihr besser die Baum-Struktur des Makers, beim erstellen von neuen Karten, gebt auch jeder einen passenden
Namen um euch zurecht zu finden. ALle nur untereinander fördert nur die Suchzeit...
Benennt eure Events IMMER - auch wenn ihr es sinnlos haltet.
Bei größeren Event-Sachen ist nichts nerviger als die ganzen Events nach dem Richtigen zu durchforsten. Der Name dagegen
wird unten in der Leiste eingeblendet. Wenn ihr also eure Events gut benennt, dann findet ihr sie schneller wieder.
Selbst 1-Satz-NPCs sollten Namen haben. Warum? Stellt euch vor, ihr habt eine Map mit vieeeelen Events, alle unbenannt.
Und nun wollt ihr "Oma Meier" 2 Schritte nach unten bewegen, in einer Zwischensequenz. Ja, was war jetzt die Oma?
Event Nr 95? Oder doch schon Event 32? Im Extremfall ist die Map auch so voll oder groß, dass ihr nicht einmal das Event
findet, dass die gute Oma darstellt.
Paralell und Autostart-Events solltet ihr immer in die gleiche Ecke verfrachten, so wisst ihr sofort, wo ihr sie suchen müsst.
In Events solltet ihr Labels benutzen, wenn ihr Code habt, der sich oft exakt gleich wiederholt, unter verschiedenen Vorraussetzungen. Wenn ihr nicht wisst, was ein Label ist: Lernt es... es ist nützlich. Sogar SEHR.
Wo ich schon dabei bin... nehmt Labels statt Cycles/Loops, die in ALLEN Makerversionen rumspacken, wenn man sie verschachtelt.
Tut euch den Ärger nicht an...
Wenn ihr gewisse, größere Systeme baut - dann sorgt dafür, dass die Switches und Variablen alle "auf einem Haufen" sind.
So könnt ihr leichter diese wiederfinden, wenn ihr z.B. im Testplay mit F9 etwas überprüfen wollt. Gerade bei Event-KSen ist
dies eigentlich sehr wichtig für die Orientierung. Und BITTE benennt eure Switches LOGISCH. Und nicht einfach "AAAA" oder
"XAhjsdiofj"...
Das erstmal zu Management - kleine Sachen zum Design noch.
> Kapitel 6 : Wie wichtig ist das Design?Etwas, was man nur zu oft sieht, sind Makerfiguren, die in Fantasy-Alter leben... aber eine Sprache wie ein 12-Jähriger Hopper
drauf haben. So etwas zerstört JEDES Spiel. Jeder Charakter sollte so sprechen, wie er es tun würde, wenn dies ein gutes,
professionelles Spiel wäre. Adelige dürfen gerne hochnäsig sein und auch Hoppersprache ist okay - wenn euer Spiel über
Hopper handelt!
Sucht euch einen passenden Systemskin... Egal wie toll er ist... ein Future-Skin passt nicht zum "Held rettet Prinzessin"-Szenario!
Wenn ihr mit dem 2k/3 arbeitet, dann benutzt ein Programm zum reduzieren der Farben und nicht die eingebaute und sehr
schlechte Reduzierfunktion des Makers.
Importiert, was ihr benutzt - Ausnahme sind RTP-Sachen.
Mappt Testmaps, wenn ihr neue TileSets verwendet um alle Tiles kennen zu lernen und das optimale aus ihnen herauszuholen.
Schaut euch auch andere Maps an, vor allem die, die richtig gut ankommen.
Achtet dabei auch etwas auf Realismus - nicht jedes Haus sieht aus wie das nächste. Bäume stehen auch nicht in exakt
paralellen Reihen. Und Berge sind nicht einfach grad Wände, die meterweit in den Himmel ragen.
Füllt eure Maps, aber überfüllt sie nicht. Solange der Weg, den der Spieler gehen kann, noch erkennbar ist, solange ist es okay.
Logik in den Maps! Nach einer Wüste folgt niemals eine Eistundra, nach einem Mittelalterschloss keine Hightech-Fabrik
Gestaltet möglichst alles so, dass ihr mit reinem Gewissen sagen könnt: "Wenn das Spiel auf dem DS/PSP wäre, dann würde
ich es spielen".
Interaktivität kommt immer gut. Warum soll ein Baum beim Ansprechen nicht mal einen Apfel fallen lassen? Oder in dem
Bücherregal eine Lektüre über die Religion des Landes stehen? So etwas kommt immer gut an und zeigt auch, dass ihr
euch wirklich Gedanken gemacht habt.
Wenn ihr Gastrollen einbaut... dann gebt ihnen logische Aufgaben in euren Spielen. Lasst sie nicht einfach nur so rumstehen, ohne Sinn.
> NachwortOkay, der letzte Teil war wohl vor allem Mapping. Und vieles blieb auch ungesagt, aber irgendwann muss auch einmal Schluss sein. Ich wünsche euch viel Spaß beim Planen eurer Spiele, vielleicht landet ihr so den nächsten Hit der Szene?
Eure Rosa Canina